Der Anfang

Das jüdische Werkdorp Nieuwe Sluis
Am Nieuwsluizerweg im Wieringermeerpolder befindet sich ein großes Gebäude, das im Volksmund als Joods Werkdorp bekannt ist. Ältere Polderbewohner wissen noch vom Hörensagen, wofür dieses Dorf steht. Auch der Name „Jodenkamp“ (Judenlager) weckt Erinnerungen.

Aber weder über den Anfang noch über das Ende dieses jüdischen Arbeitsdorfes ist viel bekannt. Zunächst einmal ist das Jahr 1933 von entscheidender Bedeutung in dieser Geschichte.

Deutschland
Am 30. Januar 1933 übernimmt Hitler die Macht in Deutschland.Er setzt der Weimarer Republik, einer jungen Demokratie, sofort ein Ende und errichtet eine Diktatur. Seine Politik war von Anfang an von Gewalt und Terror geprägt. Er will die demütigenden Folgen des Ersten Weltkriegs für Deutschland ungeschehen machen und hat mit seiner Expansionspolitik Mittel- und Osteuropa direkt im Blick. Er sieht den Kommunismus und das Judentum (und besonders die Kombination aus beidem) als die großen Gefahren, die es zu beseitigen gilt. Viele Juden sehen sofort die Gefahr und ergreifen Maßnahmen, andere merken, dass ein menschenwürdiges Leben in Deutschland ausgeschlossen ist. Viele, die fliehen können, gehen.
1933 gab es in Deutschland etwa eine halbe Million Juden – nur 1 Prozent der Bevölkerung – 1937 waren bereits 130.000 aus Deutschland geflohen, darunter auch in die Niederlande.

Niederlande
Die Entwicklungen im benachbarten Deutschland werden von unserem Land aus genau beobachtet. Einige Niederländer begrüßen die Entwicklungen, andere sehen schnell, dass es nicht gut enden wird.

In dem gerade erst trockengelegten Polder namens Wieringermeer sind die ersten landwirtschaftlichen Flächen nutzungsbereit. Mehrere Arbeiterlager werden von den Menschen, die den Boden zur Besiedlung vorbereitet haben, zurückgelassen. Auch einige Wohnbaracken in der Nähe des Dorfes Nieuwesluis.
Nun hieß es warten auf die Pächter. Die Wieringermeer-Verwaltung hat dazu ein umfangreiches Bewerbungsverfahren gestartet.
Wer hätte damals gedacht, dass die Jüdische Arbeitsstiftung ein Jahr später als erste einen Pachtvertrag außerhalb dieses Verfahrens unterzeichnen würde?

Das jüdische Werkdorp Nieuwe Sluis als Hachschara-Institution

Inzwischen sind in Deutschland mehrere Hachschara-Institutionen entstanden. Wer eine interne Vorbereitungsausbildung unter anderem in der Landwirtschaft absolviert hat, kann von der britischen Regierung ein Palästina-Zertifikat erhalten. Dies gibt das Recht zur Auswanderung in das Mandatsgebiet Palästina. Auf diese Weise behält die britische Regierung die Zahl der Einwanderer unter Kontrolle, die sie aufnehmen will. Eine Zukunft in Palästina ist das Ziel der zionistischen Bewegung, doch jetzt, wo die soziale und wirtschaftliche Stellung der Juden in Deutschland schnell bedroht ist, melden sich auch andere jüdische Jugendliche an.

Bald nach Hitlers Machtergreifung kommen die ersten jungen Flüchtlinge in den Niederlanden an, oft aus politischen Gründen, und es wurde klar, dass etwas getan werden musste. Die niederländische Regierung hofft und erwartet, dass der Aufenthalt in unserem Land nur vorübergehend ist.

Die Initiative von Prof. George van den Bergh, die Gründung der ‘Stichting Joodse Arbeid’, ist eine Antwort darauf. Die Stiftung sucht nach einem Ort, an dem sich diese jungen Menschen in Anlehnung an die Hachschara-Institutionen in Deutschland durch eine Ausbildung auf die Auswanderung vorbereiten können. Zunächst nach Palästina, aber auch andere Länder werden berücksichtigt. Als Beispiel können die Hashschara- Institutionen dienen. Landwirtschaft und Tierhaltung sind neben der Metall- und Holzbearbeitung ein großer Bestandteil dieser Ausbildung. Zielgruppe sind junge Männer und Frauen zwischen 18 und 25 Jahren. Auch das Jüdische Flüchtlingskomitee spielt bei diesen Entwicklungen eine Rolle.

Nach Verhandlungen darf die Stiftung den ersten Bauernhof, mit dem Namen „Oostwaardhoeve“ mit anfänglich 91 ha groß, in den Wieringermeer pachten. Die „Stichting Joodse Arbeid” behält den Namen „Joods Werkdorp Nieuwe Sluis“. Im März 1934 kam eine kleine Gruppe von Lehrlingen als Quartiermeister. Sie ziehen in einige verlassene Baracken ein. Diese dienten 3,5 Jahre lang als Obdach für die Erdarbeiter, die die Gräber und Kanäle ausgehoben haben.

 

Der Deventer Verein als individuelle Hachschara-Institution

In den Niederlanden gab es bereits eine Organisation, die sich mit einer vergleichbaren Ausbildung beschäftigte, allerdings auf individueller Basis: der Deventer Verein.
Unter folgendem Link können Sie mehr über den Deventer Verein lesen:
Deventer Joden en de ‘Deventer Vereniging’ – Nederlandse Kring voor Joodse Genealogie (nljewgen.org)
Es gab viele Kontakte zwischen den Palästina-Pionieren in Slootdorp und in Deventer. Dies erwies sich später, nach der Räumung des Werkdorps, als sehr nützlich.

Weiter lesen:

  1. Het begin
  2. Een plek om te wonen
  3. Dagelijks leven
  4. Werkend leren
  5. Het einde